17.11.08

Zum Jubiläum gut aufgestellt

Die Zwettler Brauerei feierte kürzlich ihren 300. Geburtstag - und ich war mit dem Team von Bierpapst.TV dabei - nachzusehen auf: www.Bierpapst.tv
Ich habe aus diesem Anlass auch ein Portrait von Karl Schwarz geschrieben, dessen Familie die Zwettler Brauerei in den vergangenen drei Jahrzehnten zu einer der großen Biermarken in Ostösterreich aufgebaut hat:

Für 300 Jahre schaut er noch recht frisch aus, auch wenn sich seine Haare in den letzten Jahren von hellblond auf hellgrau verfärbt haben. Tatsächlich ist Karl Schwarz, der Geschäftsführer der Zwettler Brauerei, erst 40 Jahre alt - doch sein Unternehmen hat dieser Tage das 300-jährige Bestehen gefeiert.

Mit all dem, was dazu gehört - und das heißt für einen gelernten Bierbrauer: mit einem eigenen Bier, dem "Jubilar". Auch wenn dieser Sondersud nicht im eigenen Haus gebraut wurde, sondern bei einem Kollegen in Obertrum, wo man besser auf die Produktion von obergärigen Bieren eingerichtet ist.

Schwarz sieht die Brauwirtschaft als eine große Kollegenschaft; als eine Branche, in der Zusammenhalt einen besonderen Wert darstellt. Er hat diesen Wert vor allem im Sommer 2002 erlebt: Da war die Brauerei eben mit Sudhausumbau und völlig neuer Fassade renoviert worden - da kam das verheerende Kamp-Hochwasser. Kaum hatte sich dieses zurückgezogen, kamen Angebote aus der gesamten Branche, bei der Wiederinbetriebnahme zu helfen. Selbst aus der Puntigamer Brauerei meldete sich ein Hilfstrupp bereit, um die knapp 100 Zwettler Brauereimitarbeiter zu unterstützen.

Dabei ist die Zwettler Brauerei nicht immer und nicht bei allen in der Branche beliebt gewesen: Karl Schwarz senior war nämlich einer der Rebellen, die Ende der Siebzigerjahre die gemütliche Welt des Bierkartells sprengten - aus dem Waldviertel mit seiner damals rasant schrumpfenden Bevölkerung musste man hinaus in neue Märkte. Genauer: in die Supermärkte.

"Unsere Brauerei hat damals voll auf den Handel gesetzt und die Kapazität auf 200.000 Hektoliter ausgebaut", beschreibt Schwarz die gewagte Strategie seines Vaters, die neuen Sudkapazitäten für billiges Bier (das zunächst markenlose "Stiftsbräu") zu nutzen, das dann vor allem an einen großen Abnehmer ("Löwa", der Vorläufer von "Zielpunkt") geliefert wurde.

In jenen Jahren lernte der Junior das Brauerhandwerk, ging auf die Walz in so kleine Brauereien wie die im Zillertal und in so große wie jene im deutschen Warstein, das damals die größte deutsche Brauerei beherbergte. Braumeisterprüfung und BWL-Studium schloss er beinahe gleichzeitig ab - und gerade rechtzeitig, als der Vater im Jahr 1995 schwer krank wurde.

Der Sohn übernahm den Betrieb, trennte sich von einer unrentablen Brauereibeteiligung im tschechischen Iglau, verpachtete das brauereieigene Hotel und konzentrierte sich darauf, die Marke wertvoller zu machen: Dass das Waldviertel ein so gutes Image hat, hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass Zwettler sich als "Waldviertel pur" positioniert - der Synergieeffekt mit anderen regionalen Unternehmen zeigt sich beim alljährlichen Fest in der Wiener City.

Konsequent wurde die Zwettler Marke mit hochwertigen Produkten in der Gastronomie aufgebaut: "Zwettler Zwickl" war das erste auf breiter Basis eingeführte unfiltrierte Bier. So wurde die Abhängigkeit vom Handel nach und nach reduziert, auch das Stiftsbräu wurde längst durch teurere Biere zurückgedrängt. Lieber braut (und trinkt) Schwarz das "Original" - ein Bier aus 100 Prozent Waldviertler Rohstoffen. Oder das Bio-Bier "Hadmar" aus der benachbarten Brauerei in Weitra, die er 2002 übernommen und inzwischen zu doppelter Größe ausgebaut hat.
(Erstveröffentlichung in: Der Standard/ Karriere am 8. November 2008)